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Mietanstieg der Immobilien verlangsamt sich – ist ein Ende erreicht?

„Der bayerische Wohnimmobilienmarkt wurde, anders als der Gewerbemarkt, von der Corona-Pandemie kaum beeinflusst“, resümiert Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Der Mietpreisanstieg hat im Frühjahr 2022 etwas an Dynamik eingebüßt. Eine Plateausituation ist vor dem Hintergrund der Wohnimmobilienmärkte, die seit Jahren nur eine Entwicklung nach oben kennen, schon fast eine kleine Sensation. Von einer Entspannung kann, angesichts der neuen Herausforderungen sowie einer in den meisten bayerischen Groß- und Mittelstädten nach wie vor gravierenden Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage, nicht gesprochen werden. Insofern bleibt es abzuwarten, ob ein zeitlich nennenswertes Plateau erreicht wird, oder ob es sich nur um eine Momentaufnahme bzw. eine kurze Pause des Luftholens handelt.“ So die Aussage von Herrn Prof. Dr. Kippes, Leiter des Marktforschungsinstituts des Immobilienverbandes Deutschland.


Der Mietzuwachs für Wohnungen und Häuser hat sich bei den Neuvermietungen im Frühjahr 2022 spürbar verlangsamt. Noch vor Kurzem (Herbst 2021) marschierten die Preise weiter nach oben, wobei nun im Frühjahr nur noch mehr eine durchschnittliche Mietsteigerung festgestellt werden kann. Die Vermutung liegt nahe, dass wir derzeit ein Plateau erreicht haben. Rückblickend auf die Anstiege der Vergangenheit ist dies nun eine beeindruckende Entwicklung.


Nachdem die meisten Corona-Beschränkungen weggefallen sind und die Erholung am Arbeitsmarkt sich mit rückläufigen Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzahlen fortsetzt, steht nun die Wirtschaft infolge der steigenden Inflation sowie der Auswirkungen des Ukraine-Krieges vor neuen großen Herausforderungen. Neben den bereits Ende 2021 eingesetzten starken Preissteigerungen sorgen aktuell deutliche Lieferengpässe sowie ein Mangel an Rohstoffen für eine deutliche Verunsicherung. Besonders stark ist davon aktuell die Baubranche betroffen. Zudem steigt der Druck auf das bezahlbare Wohnen aufgrund einer steigenden Zahl an Kriegsgeflüchteten in vielen bayerischen Groß- und Mittelstädten mit einem angespannten Mietmarkt weiter an. (Quelle IVD Pressenotiz Nr. 44 vom 19.05.2022).


Hinzugekommen sind nun die stark gestiegenen Energiekosten, mit dem Resultat von deutliche ansteigenden Wohn- wie Nebenkosten. Eine hohe Zahl der vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen hinken dem Anstieg deutlich hinterher, mit exorbitanten Nachzahlungen sind zu rechnen. Diese werden uns in Zukunft begleiten, sollte keine Energiewende zeitnah erfolgen.


Eine extreme Belastung für Mieter wie auch Eigenheimbesitzer. Denken wir hier weiter, die Folgen der Pandemie hat mit ihren Beschränkungen neue Formen des Arbeitens wie Lernens kreiert und die Wohnungsfindung entscheidend verändert. Ein Platz zum Arbeiten im Home-Office wird gewünscht, der Umkehrschluss ist somit mehr an Fläche. Wohnraum mit der Möglichkeit schnell ins Freie zu gelangen, wie Balkone, Loggien, Terrassen oder ein eigener Garten, sind zu einem Teil von wichtigen Kriterien in der Wohnungssuche geworden. Obenauf kommt noch eine stabile wie schnelle Internetverbindung. Viele entscheiden sich sodann auch die Nähe zum Arbeitsplatz zu vernachlässigen, wenn viele dieser Kriterien zutreffen. Günstigere Kauf- und Mietpreise sind für viele ein gewichtiges Argument, um ihren Wohnsitz ins Umland zu verlegen.

Dies führt seit einiger Zeit zum Zuzug von überregionalen Interessenten, sprich raus aus den großen Städten und ab aufs Land. Die klassische Stadtflucht hat begonnen.

Allerdings kommt nun der massiv gestiegene Benzinpreis hinzu, welcher solch ein Vorhaben für bewusste Pendler wiederum unattraktiver macht.



Im Einzelnen berichtete Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:

- Nominaler vs. inflationsbereinigter Anstieg der Mieten: Bei den Mieten für Bestandswohnungen mit einem guten Wohnwert konnte in Bayern zwischen den Jahren 2000 und Frühjahr 2022 ein nominaler (also nicht-inflationsbereinigter) Anstieg von +93 % gemessen werden. Inflationsbereinigt lag der Mietanstieg bei +42 %. In München fiel die nominale Mietsteigerung für Wohnungen/Bestand in besagtem Zeitraum mit +78 % niedriger als im bayerischen Durchschnitt aus. Der inflationsbereinigte Mietanstieg betrug +30 %.

- Baugenehmigungen: Nach Angaben des Statistischen Landesamtes wurden in Bayern im Jahr 2021 insgesamt 68.575 Wohnungen genehmigt. Somit ist die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um +1,6 % gewachsen. In der Landeshauptstadt München war die Anzahl der zum Bau freigegebenen Wohnungen 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit rund -24 % rückläufig. Die aktuellen Baufertigstellungszahlen 2021 liegen noch nicht vor. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik).

- Die Inflation in Deutschland stieg seit der zweiten Hälfte 2021 besonders stark an. Lag die Inflationsrate im Jahresdurchschnitt 2021 noch bei 3,1 %, wuchs sie im ersten Quartal 2022 bereits auf 5,8 %. Im April 2022 betrug die Inflationsrate in Deutschland im Jahresvergleich beachtliche 7,4 %. (Quelle: Statista)

- Den stärksten Anstieg unter den Wohnungsnebenkosten haben seit 2015 die Kosten für Strom, Gas und andere Brennstoffe erfahren. Gegenüber 2015 lag die Verteuerung im März 2022 in dieser Kategorie im Durchschnitt bei beachtlichen +43,8 %, wobei einzelne Untergruppen (flüssige Brennstoffe wie z.B. leichtes Heizöl +185 %, Gas +48,0 %) noch höhere Zunahmen aufwiesen. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)

- Die Wohnfläche pro Person betrug bayernweit 2020 rein rechnerisch im Durchschnitt 48,7 m² und lag damit um +17 % höher als im Jahr 2000. In der Landeshauptstadt München fiel die beanspruchte Wohnfläche mit 39,6 m² pro Person deutlich niedriger als im gesamtbayerischen Durchschnitt aus. In den vergangenen 20 Jahren hat der Wohnflächenverbrauch hier lediglich um +1,4 % zugelegt. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)

- Die Erholung auf dem Arbeitsmarkt setzt sich fort: Laut Bundesagentur für Arbeit sank die Arbeitslosenzahl in Bayern im April 2022 um -5,5 % auf insgesamt 217.575 Personen. Die Arbeitslosenquote lag somit bayernweit bei 2,9 % und in der Landeshauptstadt München bei 4,0 %. Insgesamt wurden im April 2022 bayernweit 154.238 offene Stellen gemeldet. Gegenüber dem Vorjahresmonat liegt die Veränderung bei beachtlichen +47,1 %. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit)

(*Alle in dieser Pressemeldung genannten Werte beziehen sich auf den guten Wohnwert)

(Quelle IVD Pressenotiz Nr. 44 vom 19.05.2022).



Zerlegen wir die Situation in „nur“ zwei Teile. Einmal in Neubauten, sowie einmal in Bestandsbauten.


Die Erbauung nach derzeitigem Standard inkl. der weit über den Durchschnitt liegenden Material- wie Handwerkerkosten. Hinzukommend die Unsicherheit für viele Bauträger und Ausfertiger den sicheren und vereinbarten Fertigungszeitraum nicht einhalten zu können. Obendrauf noch variable Kosten bei Lieferung des Baustoffes oder Gerätes, welcher angepasst nach aktueller Wirtschaftslage erfolgt. Die gestiegenen Bauzinsen lassen zudem die Mietrechnungen steigen. Die Umrechnung der Eigentümer sodann auf den zu verlangenden Mietpreis zeigt vielerorts Grenzen auf. Leisten können sich dies derzeit Menschen mit guten bis hohen Einkommen, meist Doppelverdiener. Aufgrund des nun doch höher ausfallenden Mietzinses, keimt bei vielen im Gedanken ein Kauf anstelle des Mietens auf. Die Nachfrage könnte durch die hoch angesetzten Preise stocken. Zudem trägt die derzeitige Verteuerung, nebst Inflation und das Krieg Geschehens in der Ukraine ihren Teil dazu bei, Verunsicherung aufkommen zu lassen. Ob die andauernde Pandemie hier ebenso nochmals eingrätscht, ist ungewiss.


Die Mieten in den Bestandsbauten sind permanent gestiegen, auch hier stellen diese Preise für viele eine Grenze des Möglichen dar. Ein Drittel des Einkommens sollte für die Miete sein, der Rest zum Bestreiten des alltäglichen Lebens. Diese Faustregel wird noch einigen des älteren Semesters bekannt sein. Doch dies wird bald gekippt werden, für einen Großteil einfach nicht mehr machbar. In Großstädten schon lange nicht mehr anwendbar, dennoch kann dort auf ein Auto verzichtet werden und mit dem öffentlichen Verkehrsmittel viel wettgemacht werden. Auf dem Lande wird dies schwieriger, die Anbindungen mit Bus und Bahn zeigen sich mancherorts mehr als knifflig. In Sachen Energieeinsparung hinken die Bestandsbauten den Neubauten hinterher. Dies bedeutet für viele Mieter ein mehr an Nebenkosten durch älteren Baustandard.


Fazit: Das oben beschriebene Plateau könnte zu einer zeitweiligen Verbesserung bei Vermietung von Bestandsbauten führen. Die Zukunft der Neubauten wird voraussichtlich von der Selbstnutzung durch den Eigentümer selbst weiterleben.



Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen/Bestand S-Bahn-Bereich Frühjahr 2022 IVD-Institut

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